Rock-Musik im Kreis
Ahrweiler
Hiesige Gruppen und Musiker schauen
über die Kreisgrenzen hinaus
Hans-Joachim Markgraf
In unserem Landkreis
erweist sich auch der Kulturbereich Musik so breit gefächert, wie es der
Bevölkerung entspricht. Gesangsvereine, Haus- und Kammermusik-Kreise,
Tambourcorps, Musikschulen, Blasorchester, Tanzkapellen, Folkloregruppen und
vieles mehr sind nicht wegzudenkende Aspekte unseres kulturellen Lebens.
Nachfolgend beschäftigen wir uns allerdings allein mit der Rock-Musik im Kreis
Ahrweiler und damit dem musikalischen Bereich, an dem sich seit seinem
Aufkommen in den sechziger Jahren die Geister scheiden. Was für die einen
Ausdruck von Lebensgefühl und von Kraft ist, gepaart mit der Möglichkeit zur
Identifikation und zur Abgrenzung, bedeutet für andere schlichtweg Krach. Aber
Rock-Musik ist inzwischen kein Markenzeichen nur einer einzigen Generation.
Viele derjenigen, die die Geburt der Rock-Musik miterlebten, sind inzwischen
selbst in die Jahre gekommen, und Freunde der Rockmusik sind in jeder
Altersgruppe vertreten. Darüber hinaus sind die Grenzen zur Unterhaltungsmusik,
Volksmusik und anderen Spielarten längst verwischt.
Trotzdem ist es gerade die
Rockmusik, die im Leben junger Leute eine ganz besondere Rolle spielt. Hier
findet der junge Musiker ein Ausdrucksfeld mit unendlich vielen kreativen
Aspekten und Möglichkeiten. Während bei den meisten Spielarten des Musizierens
das Beherrschen der Stimme oder des Instrumentes überwiegend für die
Reproduktion von fertigen Musikvorlagen geübt und dann eingesetzt wird, kommt
der Notenfestigkeit in der Rock-Musik so gut wie keine Bedeutung zu. Egal ob
die Gitarre, das Schlagzeug oder die Orgel mit Lehrer, in der Musikschule oder
autodidaktisch erternt wurden, in der Band gilt es,
die erworbenen Fertigkeiten zu nutzen, um die eigenen Songs zu kreieren. Kaum sonstwo kann dem eigenen Lebensgefühl derart kreativ
Ausdruck verliehen werden - das gilt für die Komposition genauso wiefürdieTexte. Das musikalische Niveau muß
hier keine Grenze schaffen, denn jeder, der gerade mal drei Griffe auf der
Gitarre kann, wird ermutigt, damit zu experimentieren und Eigenes zu schaffen.
Genau das läßt die Rock-Musik zu einem ganz
besonderen Lebensbereich werden. Neben der kreativen Komponente sei auch noch
eine andere Facette der Rock-Musik erwähnt. Immer dann, wenn es galt, sich zu
engagieren, waren auch Vertreter der Sparte Rock mit in der ersten Reihe.
Erinnert sei an das Kultur-Festival "Ahr-Mix", das für Toleranz zwischen den hier lebenden
Nationalitäten warb oder die verschiedenen Benefiz-Konzerte für den an Leukämie
erkrankten Wolfgang Bünnagel.
Egal, wie man zu dieser
Musikrichtung stehen mag, seit dem Siegeszug der elektrisch verstärkten
Gitarren, die zum treibenden Beat eines kräftigen Schlagzeuges eingesetzt
wurden, ist auch die Rock-Musik im Kreis Ahrweiler fester Bestandteil des
kulturellen Lebens. Unzählige Bands haben sich seit den Anfängen der Sechziger
in Kellern, Garagen, Schuppen usw. getroffen und treffen sich immer noch, um
ihrer Leidenschaft nachzugehen. Manche lösen sich auf, ehe sie den Sprung in
die Öffentlichkeit wagen, andere können auf jahrelange Bühnenerfahrung
zurückblicken.
Stellvertretend für die
vielen Bands und Musiker, die in 35 Jahren Rock-Geschichte auch im Kreis
Ahrweiler kamen und gingen, folgen vier Porträts von Musikern und Bands, die in
den letzten Jahren über die Kreisgrenzen hinausschauen konnten und die Ahrkreismusik somit auch überregional vertreten.
"menino" hilft und bietet hervorragende Musik -
Musiker engagieren sich für brasilianische Straßenkinder
"Wer sie einmal kennengelernt hat, den lassen sie nicht mehr los".
Gemeint sind Straßenkinder in Brasilien. Stephan Glöckner aus Ahrweiler lernte
dort 1987 in Maceiö junge Leute kennen, die in einem
dort ansässigen Straßenkinderprojekt arbeiteten, wo ansonsten sich selbst über-lassene Kinder wieder Sinn und Lebensperspektiven
erhalten. Die Arbeit dort fesselte ihn so, daß sie ihn
fortan nicht mehr los ließ und er sich auch weiterhin in Deutschland damit
beschäftigte.
Die Band "menino".
Mittlerweile fährt er
regelmäßig nach Maceiö, bringt Spendengelder dorthin
und informiert sich über deren Verwendung und die Entwicklung der Arbeit mit
den Kindern.
Aus diesem Engagement
heraus entstand im Herbst '93 die Band "menino".
Und das mit zweifacher Zielsetzung: einmal sollte in den Songs selbst
musikalisch auf die Aktion hingewiesen werden, und andererseits sollten durch
Auftritte Spendengelder eingespielt werden. Nach einigen vielbeachteten
Konzerten wurde eine breite Öffentlichkeit auf "menino"
aufmerksam, als sie ein Jahr nach ihrer Gründung ihre erste in Eigenregie
produzierte CD "Uma nova manha
- ein ganz neuer Tag" - der Öffentlichkeit vorstellte.
Nun ging es Schlag auf
Schlag. Es folgten Konzerte in der ganzen Bundesrepublik, und nach einigen
Radiosendern wurde auch das Fernsehen auf dieses einzigartige Projekt
aufmerksam. Inzwischen ist "menino" ein
eingetragener Verein, mit dem Ziel, nach Abzug der Unkosten, das durch Konzerte
und Plattenverkäufe eingespielte Geld auch weiterhin dem Straßenkinder-Projekt
in Maceiö zukommen zu lassen.
Den großen Erfolg von
"menino" durch den Benefiz-Charakterallein
zu erklären, wäre allerdings eine verkürzte Sichtweise. Grundvoraussetzung, um
über Jahre auf sich aufmerksam zu machen, das darf man nicht vergessen, ist in
erster Linie die musikalische Qualität der Pop-Fusions-Band "menino". Mit ihren fünf festen und vier bis zehn
Gastmusikern hat sie sich darauf spezialisiert, brasilianische Musikkultur in
die gewachsene europäische Popmusik einzubinden. Das belegen auch eindrucksvoll
die zwölf Titel der zweiten CD, die zeigte, wie sich eine Verschmelzung von
lateinamerikanischen Harmonie- und Rhythmusstrukturen mit amerikanischen und
europäischen Musikelementen anhören kann. "menino"
singt und schreibt dabei in erster Linie portugiesisch und deutsch, in zweiter
Linie englisch und bedient sich verschiedenerinstrumente
aus Europa und Lateinamerika. Dabei werden Musikstile vermischt, die selbst
schon Resultate von vorausgegangenen Mischprozessen sind und immer wieder neue
interessante Kombinationen bilden. Die Texte, die im CD-Begleitheft in
Originalsprache und in deutscher Übersetzung abgedruckt sind, handeln auch
weiterhin von politischen und gesellschaftlichen Problemen der Welt. Der Name
leitet sich ab von dem portugiesischen Wort "menino",
was soviel bedeutet wie Kind oder kleiner Junge.
Erfolgreich in der
heimischen Mundart -Nachwuchsband "Courage"
Seit 1992 gibt es die
Gruppe "Courage", deren Markenzeichen die Rockmusik in heimischer
Mundart ist. "Wir singen in der Sprache, die wir auch sprechen" lautet
ihr Motto. Die beiden Songschreiber Dirk Schoenmackers und Michael Ley
verarbeiten dabei ihre täglichen Erfahrungen, lassen Sozialkritisches anklingen
oder verpacken Zwischenmenschliches wie Liebe, Freud und Leid in ihre
Kompositionen. Neben diesen ausnahmslos in Platt geschriebenen Texten sind es
die instrumentale Vielfalt der fünf Musiker aus Bad Neuenahr-Ahrweiler, der
mehrstimmige Gesang und die geschickten Arrangements, die diese Band
auszeichnen und damit zu ihren Erfolgen beigetragen haben.
Denn ihr Erfolg kann sich
wirklich sehen lassen. Vier Jahre nach ihrer Gründung wurde "Courage"
in Mendig zunächst zum Eifel-Rock-Meister gekürt, und nur wenig später siegte
die Band gegen starke Konkurrenz gar beim "Landesnachwuchswettbewerb Rock
und Pop" in Rheinland-Pfalz.
Sozusagen als
Rheinland-Pfalz-Meister vertraten sie somit ihr Bundesland beim abschließenden
Bundeswettbewerb. Hier ging es schon um Plattenverträge. Nicht zuletzt wegen
ihrer wohl nur regional zu vermarktenden Sprache, gehörten sie am Ende leider
nicht zu den drei Bundessiegern. Kein Grund für Michael Ley, Dirk Scho-enemackers, Jörg Götz, Franz Schmiddem
und Marco Kriechel enttäuscht zu sein, war die Aktion
doch eine aufregende und lehrreiche Erfahrung. Und keine Band aus dem Ahrkreis ist bisher auch nur annähernd so weit gekommen.
Zudem warteten zu Hause noch andere Aufgaben. Denn verbunden mit dem Landessieg
war die Produktion einer eigenen Maxi-CD. Vier Songs
aus ihrem umfangreichen Material mußten dafür in
einem professionellen Studio eingespielt und abgemixt werden. Seit Beginn diesen Jahres ist dieser Tonträger erhältlich. Darüber
hinaus warteten Radioeinsätze in SWF 3 und RPR 1 auf die Musiker sowie die
Teilnahme an der Rookies-Night des SWF
3-New-Pop-Festi-vals in Baden-Baden und nicht zu vergessen, ein Auftritt auf
der Nebenbühne beim größten deutschen Rockfestival "Rock am Ring".
Die Nachwuchsband "Courage".
Nach diesem wirklich
ereignisreichen Jahr 1996 hat sich die Band für einige Monate von der Bühne
zurückgezogen, um in Ruhe neues Material einzustudieren. Ab Oktober/November
1997 soll es dann wieder Live-Auftritte von der sympathischen Band geben, dann
selbstverständlich mit einer ganzen Reihe neuer Songs. Gefragt nach weiteren
Zielen sind sich dieJungs einig: "Einmal ein
eigenes Album zu produzieren und beim "Rock am Ring" auf der
Hauptbühne zu stehen.
Seit 10 Jahren mit
Deutschrock auf Tour -"Neo Deo" erster
Landessieger aus dem Ahrkreis
Bereits auf eine
zehnjährige Bandgeschichte kann die im Raum Adenau beheimatete Rockgruppe
"Neo Deo" in diesem Jahr zurückblicken.
Grund genug, die vergangenen zehn Jahre noch einmal Revue passieren zu lassen,
denn nur wenige Gruppen im Kreis Ahrweiler konnten bisher dieses Alter
vorweisen.
Mit dem Ziel, selbstkomponierte und getextete Rockmusik in Deutscher
Sprache zu machen, wurde "Neo Deo" im
April 1987 in Insul gegründet, später wurden die Proben nach
Antweiler verlegt. Alle Gründungsmitglieder hatten bis dahin schon Erfahrungen
in anderen Bands wie zum Beispiel "Jopp",
"Virus" oder "Ad Acta" gesammelt.
Von den sechs
Gründungsveteranen sind heute immerhin noch die drei Musiker mit dabei, die das
musikalische Bild von Anfang an mitgeprägt hatten wie Sänger Guido Hölzerner
und die beiden Gitarristen Oswald Ruiand und Bernd
Breuer. Ergänzt wird das Trio durch Schlagzeuger Jörg Wald und Chris Günther am
Baß. Schon die ersten Konzerte zeigten, daß die Band ihr Ziel mit viel Talent, Können aber auch
Engagement und viel Ehrgeiz verfolgte, und nach jedem Auftritt vergrößerte sich
ihre Fange-meinde. Bereits zwei Jahre nach ihrer
Gründung konnte die Gruppe ihren ersten Tonträger, die Mini-LP
"So oder So" der Öffentlichkeit vorstellen. Die zweite Veröffentlichung,
eine Mu-sik-Cassette aus dem Jahre 1991, wurde gleich
über 2000mal verkauft.
Zu einem besonders
erfolgreichen Jahr wurde 1992. Mit dem Song "Nie wieder", der die
zunehmende Ausländerfeindlichkeit thematisierte, gewann "Neo Deo" den SWF-3
Landesrockwettbewerb, bei dem die Zuschauer per Ted die Siegerband
wählen konnten. Die CD-Produktion "Die Geister, die ich rief" gehörte
zu den angenehmen Begleiterscheinungen dieses Sieges. Es folgten zahlreiche Auftritte
in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Unter anderem war "Neo Deo" Opener beim
"Rock am Ring '93". Ebenfalls vor großem Publikum bewähren und
Erfahrungen sammeln konnte die Band als Vorgruppe von "Brings",
"Klaus Lage" und "Jocco
Abendroth".
Die Mitglieder der Gruppe "Neo-Deo".
1995 war schließlich das
Jahr des großen Umbruches. Drei Mitglieder verließen aus privaten Gründen die
Band, so daß "Neo
Deo" vor einem musikalischen Neuaufbau stand. Unter anderem wurde auf das
Keyboard verzichtet und der Sound wird nun vornehmlich durch Elektro- und
Akustikgitarren erzeugt. Im März 1996 präsentierte die Band ihr Ergebnis
erstmals der Öffentlichkeit und wie sich zeigte, wurde auch das neue
musikalische Gewand von "Neo Deo" von den
Fans voll akzeptiert.
Im Laufe ihrer zehnjährigen
Bandgeschichte kann "Neo Deo" auf über 170
Konzerte zurückblicken. Und da die Musiker auch alte Songs immer wieder
reaktivieren, umfaßt ihr Repertoire insgesamt über 70
Songs, da fällt die Songwahl bei einem Konzert nicht leicht. Und ein Ende der
Aktivitäten ist bei "Neo Deo" zur Zeit nicht abzusehen. So wird augenblicklich an einer
neuen CD in Eigenproduktion gearbeitet, und weitere große Auftritte, sind
geplant.
Zurück aus Los Angeles -
Guido Kehr, ein professioneller Schlagzeuger
Sein Geld mit Musik
verdienen, dieser vielge-träumte Traum erfüllt sich
bekanntermaßen nur bei sehr wenigen. Neben dem "großen Erfolg" gibt
es aber auch noch die Möglichkeit, diesen Traum über den Weg des soliden
Handwerks" zu verwirklichen. Ein Weg, den der Ahrweiler Guido Kehr
eingeschlagen hat und der sein Hobby Musik zum Beruf gemacht hat. Bereits in
frühster Kindheit faszinierte den 1964 geborenen Guido Kehr, der in der
Musikszene schnell als "Mini" bekannt wurde, das rhythmische Spiel
mit den Trommeln und Stöcken, und so waren die Anschaffung eines Schlagzeuges
und die Mitwirkung in lokale Musikbands die konsequente Folge dieses starken
Interesses. Wieviele andere aus der Szene brachte er
sich die ersten fundamentalen Kenntnisse an seinem Instrument selber ohne
Notenkenntnis bei, durch Ausprobieren, Nachspielen und Beobachtung bei
Live-Konzerten.
Guido Kehr aus Ahrweiler.
Die Stationen "Dr.
Impf und die Polios", "Banana
Sptit", "U-Bix"
und zuletzt die Police Coverband "Se Poließ",
sind den Musikfans des Ahrkreises sicher noch in
bester Erinnerung.
Da autodidaktischem Lernen
jedoch irgendwann Grenzen gesetzt sind, entstand bei ihm im Jahre 1989 das
Bedürfnis, die Möglichkeiten seines Instrumentes durch einen Besuch der
"Modern Drum School" (MDS) in Koblenz "von Grund auf" kennenzulernen. Hier wurde er Schüler von Hans-Peter
Becker, dem Gründer der Schule. Die Intensivkurse des MDS ließen ihn von
namhaften Schlagzeugern wie zum Beispiel Steve Hougthon,
Joey Heredia und Steve Smith profitieren.
Schließlich reifte im Jahre
1993 der Entschluß, langfristig den Schritt in die
Professionalität zu wagen. Nach intensiven Vorbereitungen an der MDS begann er
1995 das einjährige Studium an dem renommierten Percussion
Institut ofTech-noiogy" in Hollywood. Dort
erhielt er Unterricht bei namhaften Schlagzeugmeistern wie Joe Porcaro, Ralph Humphrey, Schlagzeuger bei dem legendären
Frank Zappa. Zahlreiche Drum-Workshops brachten
frischen Wind in sein Spiel, und nach einem Jahr Aufenthalt in Los Angeles schloß er das Studium mit Auszeichnung ab.
Seit März 1996 nun hat sich
Guido Kehr der MDS Idar-Oberstein angeschlossen und eröffnete bereits im April
eine Filiale der Schlagzeugschule in Ahrweiler. Hier bringt Guido Kehr neben
dem erfolgreichen und attraktiven Unterrichtskonzept des MDS, die heute schon
an 30 Standorten im gesamten Bundesgebiet vertreten ist, seine in den USA
gesammelten Erfahrungen mit ein. So ist es Teil des Konzeptes, mit Workshops an
den hiesigen Schulen bereits in frühen Jahren die Begeisterung für dieses
rhythmische Instrument zu wecken.
Aber keine Angst. Die
Musikfans müssen nicht erst Unterricht -nehmen, um den "musikalisch
gereiften" Drummer Mini an seinem Instrument erleben zu können. Neben
Aufträgen als Studiomusiker will Guido Kehr auch das Live-Spiel nicht
vernachlässigen. So ister derzeitais
Drummer bei der Sinziger Coverband "F.A.M.E" zu hören. Außerdem wurde
das für ein Jahr unterbrochene Projekt "Jazz-Trio" fortgesetzt, und
zur Freude vieler Fans ist "Se Poließ"
wieder gut im Geschäft.